BBR-Lexikon

Betriebliches Eingliederungs­management

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Betriebliches Eingliederungs­management

Als Maßnahme zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und zur Vorbeugung gegen erneute Arbeitsunfähigkeit sowie darüber hinaus zur Erhaltung des Arbeitsplatzes schreibt § 84 Abs. 2 SGB IX das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) vor. Trotz ihrer Positionierung im Schwerbehindertenrecht gilt diese Vorschrift für alle => Arbeitnehmer. Die Pflicht zur Initiative liegt auf jeden Fall beim => Arbeitgeber. Insoweit kann auch der => Betriebsrat die Einleitung des BEM vom Arbeitgeber verlangen. Ebenso hat er gemäß § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX ein Überwachungsrecht dahingehend, dass der Arbeitgeber seine sich aus der Vorschrift ergebenden Verpflichtungen erfüllt. Dies beinhaltet ein Recht dahingehend, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat in regelmäßigen Abständen über entsprechende Fälle von Arbeitsunfähigkeit informiert.

Voraussetzung für die Einleitung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist, dass ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war. Die Einleitung des BEM bedarf der Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers, wozu dieser aber nicht verpflichtet ist. Für seine Entscheidungsfindung ist er über die Ziele des BEM sowie über die dafür erhobenen und verwendeten Daten nach Art und Umfang zu informieren. Auch ist der Betroffene am Verfahren selbst zu beteiligen. Ebenfalls zu beteiligen sind der Betriebsrat und im Fall eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die => Schwerbehindertenvertretung, wobei das BEM auch ohne das Bestehen einer Interessenvertretung der Arbeitnehmer geboten ist. Sofern dies erforderlich ist, ist auch der Werks- oder Betriebsarzt hinzuzuziehen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, sind auch die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder im Fall eines schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzuzuziehen.

Im BEM ist aufzuklären, wie die Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers überwunden werden kann und mittels welcher Leistungen oder Hilfen eine Vorbeugung gegen erneute Arbeitsunfähigkeit möglich ist. Ziel der Beratung ist letztendlich die Erhaltung des Arbeitsplatzes. Dafür ist die Einrichtung eines strukturierten Verfahrens zu empfehlen. Die Betriebsparteien müssen dabei prüfen, ob für einzelne Regelungen des Verfahrens ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1, 6 oder 7 BetrVG gegeben ist.

Unterbleibt das BEM, obwohl die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, führt dies nicht zur Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber. Dem Arbeitgeber obliegen dann im Kündigungsschutzverfahren jedoch entsprechende Darlegungspflichten.

Wurde dagegen ein BEM mit positivem Ergebnis durchgeführt, trifft den Arbeitgeber grundsätzlich die Verpflichtung zur Umsetzung der darin erarbeiteten Empfehlungen. Kündigt er trotzdem das Arbeitsverhältnis, muss er im Kündigungsschutzverfahren die Undurchführbarkeit der Maßnahme darlegen oder die Tatsache, dass auch eine Umsetzung keine Reduzierung der Ausfallzeit bewirkt hätte.

Hat das BEM dagegen keine Möglichkeiten zur Überwindung oder künftigen Vermeidung der Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers erbracht, muss der Arbeitgeber dies im Fall der Kündigung im Kündigungsschutzprozess darlegen und geltend machen, dass keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.