§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG
Kündigung nach Bekanntgabe des Kinderwunschs
Kündigung nach Bekanntgabe des Kinderwunschs
Die Klägerin war als eine von zwei Angestellten seit Februar 2012 in der Versicherungsvertretung des Beklagten beschäftigt. Ermahnungen oder Abmahnungen etwa wegen schlechter Leistungen erhielt sie nicht. Im Januar 2013 teilte sie ihrem Arbeitgeber mit, dass sie seit mehreren Jahren einen bisher unerfüllten Kinderwunsch hege und ein erneuter Versuch einer künstlichen Befruchtung anstehe. Der Embryonentransfer erfolgte am 24.01.2013. Am 31.01.2013 sprach der Beklagte – ohne behördliche Zustimmung – eine ordentliche Kündigung aus. In der Folge besetzte er die Stelle mit einer älteren Arbeitnehmerin. Am 7.02.2013 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt. Hierüber informierte sie den Beklagten am 13.02.2013. Sie erhob Kündigungsschutzklage.
´Kündigungsschutz beginnt mit Embryonentransfer
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gab der Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin statt. Die Kündigung sei unwirksam. Die Klägerin genoss bei ihrem Zugang wegen des zuvor erfolgten Embryonentransfers den besonderen Kündigungsschutz nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Das BAG entschied, dass bei einer künstlichen Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) das Kündigungsverbot schon ab dem Zeitpunkt gilt, zu dem die befruchteten Eizelle der Patientin eingesetzt wird (sog. Embryonentransfer). Auf den Zeitpunkt der erfolgreichen Einnistung in der Gebärmutter (Nidation) kommt es in diesem Fall nicht an.
Diskriminierung wegen des Geschlechts
Die Kündigung verstößt zudem gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. §§ 1, 3 AGG. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 26. Februar 2008 (C-506/06) entschieden, es könne eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen, wenn eine Kündigung hauptsächlich aus dem Grund ausgesprochen werde, dass die Arbeitnehmerin sich einer künstlichen Befruchtung unterzogen habe. Im Streitfall durfte das Landesarbeitsgericht (LAG) nach den gesamten Umständen davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die Kündigung wegen der (beabsichtigten) Durchführung einer solchen Behandlung und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Schwangerschaft erklärt hat. BAG, Urteil vom 26.03.2015 Aktenzeichen: 2 AZR 237/14; PM des BAG Nr. 17/15 vom 26.03.2015