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Mitbestimmung nur bei Gesundheitsgefahren

By 11.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG

Mitbestimmung nur bei Gesundheitsgefahren

Einigungsstelle beschließt Vereinbarung zum Gesundheitsschutz

Die Arbeitgeberin vertreibt im gesamten Bundesgebiet vor allem Kleidung. Sie einigte sich mit dem Betriebsrat einer Filiale auf die Bildung einer Einigungsstelle zur umfassenden Erledigung aller Themen des Gesundheitsschutzes. Die Einigungsstelle beschloss eine »Betriebsvereinbarung über akute Maßnahmen des Gesundheitsschutzes«. Die Arbeitgeberin focht den Beschluss mit der Begründung an, der Betriebsrat habe für die getroffenen Regelungen kein Mitbestimmungsrecht. Das LArbG Berlin-Brandenburg hat den Spruch der Einigungsstelle weitgehend für unwirksam erklärt.

LAG sieht Mitbestimmungsrecht nur bei »objektiven Gesundheitsgefahren«

Der Betriebsrat hat bei Maßnahmen des Gesundheitsschutzes nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift betriebliche Regelungen treffen muss und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Einige der öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschriften zum Gesundheitsschutz sind allerdings sehr weit gefasste gesetzlichen Generalklauseln, beispielsweise § 3 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Die Norm benennt die Grundpflichten des Arbeitgebers in seinem Betrieb. Nach Auffassung des LAG hat der Betriebsrat bei der Umsetzung solcher Generalklauseln nur dann ein ein Mitbestimmungsrecht, wenn eine unmittelbare objektive Gesundheitsgefahr vorliegt oder eine Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) konkreten Handlungsbedarf ergibt.

Spruch der Einigungsstelle wird aufgehoben

Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen nach Ansicht des LAG nicht erfüllt. Bis auf wenige Ausnahmen bestehe kein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Es fehle eine objektive Gesundheitsgefahr. Auch eine Gefährdungsbeurteilung sei nicht durchgeführt worden. Dass sich die Einigungsstelle vor Erlass des Spruchs mit den Gegebenheiten im Betrieb vertraut gemacht habe, genüge hierfür nicht. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde an das BAG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen zugelassen.
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.02.2015; Aktenzeichen 23 TaBV 1448/14; LAG Berlin-Brandenburg, PM Nr. 8/2015 vom 10.04.2015