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Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Kernelemente des => Arbeitsvertrags als privatrechtlichem, gegenseitigem Vertrag sind die Verpflichtung des => Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und die Verpflichtung des => Arbeitgebers zur Zahlung einer Arbeitsvergütung. Ein solcher Vertrag kann nach § 241 Abs. 2 BGB jedoch jeden Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. So beinhaltet das Arbeitsverhältnis neben den Leistungspflichten auch Nebenpflichten im Sinne von Verhaltenspflichten. Aus solcher arbeitsvertraglicher Nebenpflicht ergibt sich für den Arbeitgeber eben die Pflicht zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitnehmers. Aufgrund der Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers und dessen Direktionsrecht zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen sind die Pflichten des Arbeitgebers besonders ausgestaltet. Nur einzelne der Fürsorgepflicht entspringende Verpflichtungen des Arbeitgebers können durch abweichende Vereinbarungen ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

Gesetzliche Fürsorgepflicht ist die Pflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers, die in §§ 617 und 618 BGB sowie in § 62 HGB, §§ 12 ff. HAG, § 114 SeeArbG und §§ 28 und 32 JArbSchG geregelt ist. Arbeitsvertraglich geschuldet ist auch die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften durch den Arbeitgeber. Die Vorschriften verpflichten den Arbeitgeber zur Einrichtung des Arbeitsplatzes und zur Gestaltung der vertraglich vom Arbeitnehmer geschuldeten Dienstleistungen dergestalt, dass der Arbeitnehmer im Rahmen der vom Betrieb und der Arbeit gegebenen Möglichkeiten gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt ist.

Verselbständigte Arbeitgeberfürsorgepflicht ist das Eintreten für Sachschäden des Arbeitnehmers im Fall des Verschuldens des Arbeitgebers oder wenn der Schaden bei einer gefährlichen Arbeit entstanden ist und als durchaus ungewöhnlich zu werten war. Auch die Erwartung des Einsatzes eigener Sachgüter durch den Arbeitnehmer, wo sonst die Bereitstellung von Betriebsmitteln durch den Arbeitgeber erforderlich gewesen wäre, führt zur Haftung des Arbeitgebers. Ebenso obliegt dem Arbeitgeber in bestimmtem Umfang der Schutz von Sachen, die der Arbeitnehmer berechtigterweise an den Arbeitsplatz mitbringt, gegen Beschädigung und Verlust, soweit der Arbeitnehmer zur entsprechenden Vorsorge nicht selbst in der Lage ist und entsprechende Maßnahmen dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben zumutbar sind. Für alle Gegenstände, die der Arbeitnehmer zum Erreichen der Arbeitsstelle und zur Ausrüstung für die Arbeitsleistung benötigt wie entsprechende Kleidung, Fahrkarten, angemessene Geldbeträge und eine Uhr, sowie für arbeitsdienliche Sachen, die vom Arbeitnehmer zu stellen sind, ist der Arbeitgeber zur Bereitstellung geeigneter Aufbewahrungsmöglichkeiten verpflichtet. Für einen den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Parkplatz trägt der Arbeitgeber die Verkehrssicherungspflicht.

Von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles hängen die allgemeinen Fürsorgepflichten ab. So kann beispielsweise die Beschaffung von Schutzkleidung durch den Arbeitgeber geboten sein, und auch der Schutz personenbezogener Daten ergibt sich aus den allgemeinen Fürsorgepflichten. Einzelfallbezogen ergeben sich Pflichten zu Aufklärung des Arbeitnehmers sowie zu Hinweis- und Auskunftspflichten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Auch muss der Arbeitgeber eine Überanstrengung des Arbeitnehmers verhindern und ihm gegebenenfalls einen nicht durch Tabakrauch beeinträchtigten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Auch wenn die bisherige Tätigkeit krankheitsbedingt nicht mehr ausgeübt werden kann, kann eine entsprechende Versetzung geboten sein.

Der Fürsorgepflicht unterfällt auch der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers. Dabei geht es um die Achtung der Menschenwürde und das Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit. Zum Schutz des Persönlichkeitsrechts gehört auch der Schutz des einzelnen Arbeitnehmers gegen Belästigungen, beispielsweise sexueller Art, durch andere Arbeitnehmer.

Auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses können noch Fürsorgepflichten greifen wie beispielsweise die Gewährung von Freizeit zur Suche eines neuen Arbeitsplatzes oder die Erteilung von Auskünften über den Arbeitnehmer.