BR-LexikonE

Entgelttransparenz

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Entgelttransparenz

1. Die Ziele des Gesetzes

Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen verfolgt ein klares Ziel:

Das Gesetz stellt klar, dass Frauen und Männer für die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit auch dasselbe Entgelt erhalten müssen. Denn statistisch beträgt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern immer noch rund 21 Prozent (Statistisches Bundesamt 2017).

Gründe für diese Entgeltlücke gibt es viele: Da sind immer noch schlechter bezahlte „Frauenberufe“, Frauen nehmen seltener Führungspositionen ein, sie legen eine Babypause ein oder sind länger in Teilzeit tätig, wodurch später die Berufserfahrung fehlt. Doch diese vermeintlich sachlichen Gründe können selbst Faktoren sein, die gegen das Entgeltgleichheitsgebot verstoßen. Aber auch bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund sechs Prozent.

Deshalb hat der Bundestag auf Initiative des Bundesfrauenministeriums schon verschiedene Regelungen wie etwa das ElterngeldPlus, den Ausbau der Kinderbetreuung oder die Geschlechterquote von 30 Prozent für Aufsichtsräte beschlossen.

Das neue Gesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Verkleinerung der Entgeltlüge der ausdrücklichen Regelung des Gebots der Entgeltgleichheit für Frauen und Männer bei gleicher und gleichwertiger Arbeit,

  • einem individuellen Auskunftsanspruch für Beschäftigte in => Betrieben und Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten,
  • der Aufforderung an private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, ihre Entgeltstrukturen zu überprüfen,
  • der Berichtspflicht zum Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit für lageberichtspflichtige Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten.

Zudem wird im SGB III das Ziel festgeschrieben, dass die BA das Berufswahlspektrum von Frauen und Männern durch eine geschlechtersensible Berufs- und Arbeitsmarktberatung erweitert.

3. Ein einheitliches Gesetz für alle Regelungen zur Entgeltgleichheit

Das Gebot des gleichen Entgelts ist ein wesentlicher Bestandteil der grundrechtlich geschützten Gleichberechtigung von Frauen und Männern und gilt in Deutschland seit mehr als 60 Jahren. Dass dennoch eine große Entgeltlücke besteht, liegt auch daran, dass das Entgeltgleichheitsgebot in seiner Reichweite in der Praxis kaum bekannt ist und indirekte Entgeltdiskriminierungen schwer zu erkennen sind. Wenn etwa Teilzeitbeschäftigte an bestimmten Stufensteigerungen nicht teilhaben, können sie aufgrund des Geschlechts benachteiligt sein, was oft weder dem => Arbeitgeber noch den Beschäftigten bewusst ist.

Daher regelt das Gesetz das Entgeltgleichheitsgebot transparent und eindeutig und bündelt alle zentralen Vorschriften und Definitionen in einem eigenen Stammgesetz.

4. Der individuelle Auskunftsanspruch

Das Gesetz gibt allen Männern und Frauen einen individuellen Auskunftsanspruch, die in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten arbeiten. Sie können die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung für ihre Tätigkeit und eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit erfragen. Zudem können sie sich über Vergleichsentgelte informieren. So können sie das durchschnittliche Bruttoentgelt und bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile – zum Beispiel eine Leistungs- oder eine Erschwerniszulage – für eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit erfragen. Dabei wird jedoch nicht das Entgelt einzelner Kolleginnen und Kollegen angegeben, sondern der Median des Entgelts von mindestens sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts in gleicher oder vergleichbarer Tätigkeit.

Beschäftigte im Sinne von § 5 Abs. 2 EntgTranspG – darunter zum Beispiel Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – können den Anspruch grundsätzlich alle zwei Jahre stellen. Einen Auskunftsanspruch haben auch Beschäftigte des öffentlichen Dienstes – Angestellte und Beamtinnen und Beamte des Bundes gleichermaßen. Eine Ausnahme besteht jedoch für die Beamtinnen und Beamten der Länder und Kommunen; diese haben keinen Auskunftsanspruch. Verändert sich innerhalb dieser zwei Jahre beispielsweise die Tätigkeit, so kann ein neuerlicher Auskunftsanspruch auch schon vor Ablauf von zwei Jahren gestellt werden.

Achtung

Der Auskunftsanspruch kann erstmalig ab dem 6. Januar 2018 gestellt werden. Wird der Auskunftsanspruch dann in der Zeit zwischen dem 6. Januar 2018 und dem 5. Januar 2021 gestellt, gilt abweichend zur eigentlichen Zweijahresfrist eine Wartefrist von drei Jahren. Haben sich die Voraussetzungen wesentlich geändert, ist eine vor zeitige Nachfrage möglich.

Wer die Auskunft erteilt, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber tarifgebunden oder tarifanwendend ist, d.h. einen Tarifvertrag verbindlich und inhaltsgleich für alle Beschäftigten anwendet, und ob es einen Betriebsrat gibt:

1. Arbeitgeber ist tarifgebunden/tarifanwendend und es gibt einen Betriebsrat:

Besteht in tarifgebundenen oder tarifanwendenden Betrieben ein Betriebsrat, ist grundsätzlich der Betriebsrat für die Beantwortung des Auskunftsverlangens zuständig. Dazu sieht das Gesetz unter anderem vor, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die notwendigen Informationen bereitstellen muss – zum Beispiel durch einen Einblick in die Listen über die Brutto-löhne und -gehälter sowie deren Aufschlüsselung nach Geschlecht. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich immer auch selbst antworten, sofern er dies dem Betriebsrat erläutert hat. Die Beschäftigten müssen erfahren, wer für die Beantwortung zuständig ist.

2. Arbeitgeber ist tarifgebunden/tarifanwendend, aber es gibt keinen Betriebsrat:

Besteht kein => Betriebsrat, ist grundsätzlich der Arbeitgeber für die Beantwortung zuständig. Dann kann sich der Arbeitgeber mit den von den zuständigen => Tarifvertragsparteien benannten Vertreterinnen und Vertretern darauf verständigen, wer die Auskunft erteilt. Auch dann sind die Beschäftigten darüber zu informieren, wer für die Beantwortung zuständig ist.

3. Arbeitgeber ist nicht tarifgebunden/tarifanwendend und es gibt keinen Betriebsrat:

Bei Arbeitgebern, die nicht tarifgebunden/nicht tarifanwendend sind und bei denen auch kein Betriebsrat besteht, ist grundsätzlich der Arbeitgeber selbst für die Beantwortung zuständig. Besteht ein Betriebsrat, gilt das oben Gesagte: Der Betriebsrat kann die Antwort übernehmen.

Form- und Fristvorgabe für nicht tarifgebundene und nicht tarifanwendende Arbeitgeber:

Arbeitgeber müssen ein Auskunftsverlangen innerhalb von drei Monaten in Textform beantworten. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, tragen sie im Streitfall die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt.

Scheint das gezahlte Entgelt nicht mit dem Entgeltgleichheitsgebot vereinbar zu sein, können sich betroffene Beschäftigte an den Arbeitgeber oder den Betriebsrat wenden und das Gespräch suchen. Die Gründe für die im Vergleich geringere Vergütung können sodann erörtert und Lösungen gesucht werden (ggf. unter Hinzuziehung eines Mitglieds des Betriebsrates).

Der Arbeitgeber muss bei einem Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot das Entgelt zahlen, das der/dem Beschäftigten zugestanden hätte, wenn sie/er nicht wegen des Geschlechts benachteiligt worden wäre. Will der Arbeitgeber nicht zahlen, muss das Gebot durch die Betroffenen gerichtlich durchgesetzt werden und müssen Erfüllungs-, Schadensersatz- oder auch Entschädigungsansprüche eingeklagt werden.