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Koalitionsrecht

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Koalitionsrecht

Art. 9 Abs. 3 GG formuliert das Grundrecht der Koalitionsfreiheit dahingehend, dass jedermann, und dies gilt auch für alle Berufe, das Recht hat, sich zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit anderen in Vereinigungen zusammenzuschließen. Aus dem besonderen Zweck der Vereinigung zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen hat die Rechtsprechung sechs Merkmale entwickelt, die eine Vereinigung erfüllen muss, wenn sie als Koalition im Sinn des Art. 9 Abs. 3 GG anerkannt werden will. Danach handelt es sich bei einer Koalition um

  1. eine privatrechtliche Vereinigung,
  2. zu der sich mehrere Mitglieder freiwillig für eine gewisse Dauer zusammengeschlossen haben,
  3. Die Vereinigung muss dergestalt demokratisch organisiert sein, dass die Mitglieder an der innerverbandlichen Willensbildung beteiligt sind und durch Mitgliederversammlungen oder Delegiertenentsendung Einfluss nehmen können.
  4. Damit sie die Interessen ihrer Mitglieder in der sozialen Auseinandersetzung unabhängig wahrnehmen kann, muss die Vereinigung von ihrem sozialen Gegenspieler unabhängig sein, und zwar sowohl strukturell als auch finanziell. Der Vereinigung können also nicht gleichzeitig => Arbeitnehmer und => Arbeitgeber angehören. Außerdem gehört zur Gegnerunabhängigkeit die Überbetrieblichkeit.
  5. Eine Koalition muss weiterhin unabhängig sein von staatlichen, parteipolitischen oder kirchlichen Weisungen, weil auch diese eine autonome Wahrnehmung der Mitgliederinteressen beeinträchtigen würden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass sich die Vereinigung an entsprechenden Prinzipien orientiert.
  6. Als Zweck der Koalition schreibt Art. 9 Abs. 3 GG verbindlich vor, dass die Vereinigung die Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder als Ziel verfolgt, sich also den arbeits- und sozialpolitischen Interessen ihrer jeweiligen Mitglieder im Rahmen von deren jeweiliger Tätigkeit widmet.

Der Begriff „jedermann“ in Art. 9 Abs. 3 GG bedeutet, dass Staatsangehörigkeit und Berufsstand keine Hindernisse darstellen, sich einer Koalition anzuschließen. So stehen seitens der Arbeitnehmer die => Gewerkschaften auch ausländischen Arbeitnehmern offen.

Neben dem individuellen Recht zum Zusammenschluss zu einer Koalition schützt Art. 9 Abs. 3 GG auch die Koalition selbst, und zwar zum einen hinsichtlich ihres Bestands. Auch unterliegt dem Schutz die Autonomie bei der Regelung der verbandsinternen Strukturen und der Mittel und Wege, mit der die Koalition ihre Ziele verfolgt, beispielsweise das Recht zum => Arbeitskampf im Rahmen der Tarifautonomie.

Obwohl Art. 9 Abs. 3 GG keinen Gesetzesvorbehalt formuliert, besteht die Möglichkeit gesetzlicher Ausgestaltungen, soweit Normen zur Ausübung der grundrechtlich gewährleisteten Freiheiten erforderlich sind. Dies gilt beispielsweise für die Formulierung eines Tarifvertragssystems.

Koalitionen im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG sind Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber.