ABR-Lexikon

Arbeitskampf

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Arbeitskampf

Arbeitskämpfe sind als erforderlich für die interessengerechte Lösung der Regelung von Arbeitsentgelten und Arbeitsbedingungen im Rahmen des die Freiheit der Tarifautonomie umfassenden Grundrechts der Koalitionsfreiheit anerkannt. Die Tarifautonomie dient dazu, strukturelle Unterlegenheit einzelner Arbeitnehmer bei der Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses mit Abschluss des Arbeitsvertrags durch kollektives Handeln zu überwinden. Führen die zu diesem Zweck geführten Tarifverhandlungen und gegebenenfalls auch ein freiwilliges Schlichtungsverfahren nicht zu einem auf Einigung beruhenden Ergebnis, kann seitens eines der Tarifpartner die Durchsetzung seiner Forderungen als notwendig angesehen werden. Dafür steht der Arbeitskampf als Möglichkeit der zielgerichteten Ausübung kollektiven Drucks mittels Zufügung von Nachteilen oder deren Abwehr zur Verfügung, wofür die verfassungsrechtliche Gewährleistung anerkannt ist. Arbeitskämpfe können somit von tariffähigen Koalitionen geführt werden, also von => Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen und von einzelnen Arbeitgebern, soweit sie Tarifpartei sind.

Wichtigstes Mittel des Arbeitskampfs auf Arbeitnehmerseite ist nach wie vor der Streik als kollektive Einstellung der Arbeit auf Zeit, der in mehreren Varianten wie beispielsweise Warnstreik oder Schwerpunktstreit und weiteren Formen auftritt. Auch partielle Arbeitsverweigerung wie Bummelstreik oder Verweigerung von Überstunden sind Mittel des Arbeitskampfs.

Seitens des => Arbeitgebers ist das klassische Mittel des Arbeitskampfs die Aussperrung, durch die die => Arbeitnehmer an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung gehindert werden, wobei ihnen die Entgeltzahlung verweigert wird.

Damit der Arbeitskampf seitens der Arbeitnehmer rechtmäßig ist, muss er auf eine rechtmäßige tarifvertragliche Regelung abzielen. Arbeitskämpfe zwecks Erreichung eines nicht in die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien fallenden Ziels sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ebenso rechtswidrig wie ein Arbeitskampf mit rechtswidrigen Tarifzielen ausgeschlossen ist.

Durch die tarifvertragliche Friedenspflicht wird verhindert, dass die vereinbarten Regelungen jederzeit durch einen Arbeitskampf in Frage gestellt werden können. Die Friedenspflicht ist schuldrechtlicher und immanenter Bestandteil des abgeschlossenen Tarifvertrags und bewirkt ein Arbeitskampfverbot bezüglich der tarifvertraglichen Vereinbarungen vom Tag des Abschlusses an für die Geltungsdauer des Tarifvertrags.

An einem Arbeitskampf beteiligen können sich alle organisierten Arbeitnehmer und auch => arbeitnehmerähnliche Personen mit tariflich regelbaren Vertragsverhältnissen. Auch ein nichtorganisierter Arbeitnehmer kann sich an einem rechtmäßigen und von der Gewerkschaft getragenen Arbeitskampf beteiligen.

Die Arbeitskampfmaßnahmen müssen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignet und erforderlich sein, ein rechtmäßiges Kampfziel zu erreichen, und zu diesem Zweck angemessen eingesetzt werden. Auf keinen Fall darf durch den Arbeitskampf die Existenz der anderen Seite vernichtet werden. Auch muss der kampfführende Verband einen Beschluss über den Arbeitskampf fassen, der der anderen Partei zugehen muss. Bei einem Streik ist dies in der Regel eine Urabstimmung der Gewerkschaftsmitglieder.

Führen die Gewerkschaften einen Arbeitskampf durch, kann der Arbeitgeber den => Betrieb beispielsweise mit arbeitswilligen Arbeitnehmern oder mit Leiharbeitnehmern aufrechterhalten. Auch kann der Arbeitgeber den Betrieb vorübergehend stilllegen, was allerdings in der Rechtsprechung nicht als Arbeitskampfmaßnahme anerkannt wird. Auch können Massenkündigungen ein Mittel des Arbeitskampfes sein, ebenso wie Streikbruchprämien in Gestalt von Sonderzuwendungen, mittels derer Arbeitnehmer von der Streikbeteiligung abgehalten und zur Aufnahme der Arbeit motiviert werden sollen. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber wirtschaftlichen Druck auf die Gewerkschaft durch Abwehraussperrung ausüben, für die die Rechtsprechung jedoch besondere Regeln erlassen hat. Auch kann er durch Angriffsaussperrung selbst den Arbeitskampf einleiten. Handelt es sich um einen Verbandsarbeitskampf, muss über die Abwehraussperrung die Arbeitgeber-Vereinigung entscheiden. Geht es um einen Haustarifvertrag, entscheidet der betroffene Arbeitgeber.