BR-LexikonF

Freistellung von Betriebsrats­mitgliedern

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Freistellung von Betriebsrats­mitgliedern

Um eine möglichst effektive Betriebsratsarbeit zu ermöglichen, sieht § 38 Abs. 1 BetrVG ab einer Betriebsgröße von 200 Arbeitnehmern und dann nach einer gesetzlich geregelten Staffelung vor, dass eine jeweils gesetzlich vorgegebene Anzahl von Mitgliedern des => Betriebsrats generell von der Arbeit freigestellt wird. Die im Gesetz genannten Zahlen sind dabei ausdrücklich als Mindestzahlen gekennzeichnet. Durch => Tarifvertrag oder freiwillige => Betriebsvereinbarung kann die Zahl der Freizustellenden aufgestockt oder auch abgesenkt werden, wobei jedoch ein gänzlicher Ausschluss der Freistellung nicht zulässig ist. Auch kann der Betriebsrat im Fall der Erforderlichkeit zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Aufgaben beim => Arbeitgeber eine Erhöhung der Anzahl freizustellender Mitglieder geltend machen und diesen Anspruch, wenn der Arbeitgeber nicht zustimmt, auch gerichtlich durchsetzen. Die Freistellung erweitert die Möglichkeiten des Betriebsrats aus der anlassbezogenen Befreiung von der beruflichen Tätigkeit nach § 37 Abs. 2 BetrVG, bei der es in jedem Einzelfall auf den Nachweis der Erforderlichkeit ankommt.

Maßgebend für die Anzahl der freizustellenden Mitglieder des Betriebsrats ist die Zahl der in der Regel im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer aus der Sicht zum Zeitpunkt der Wahl der Freizustellenden. Nicht vorhersehbare künftige Entwicklungen machen eine Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt möglich, und zwar in jede Richtung.

Nach § 38 Abs. 1 Satz 3 BetrVG kann das Gesamtvolumen der Freistellungen auch über Teilfreistellungen wahrgenommen werden. Im Rahmen einer solchen Aufteilung können auch Teilzeitkräfte freigestellt werden, ohne dass dadurch Teile des gesamten Freistellungsvolumens verloren gehen. Eine Regelung der Voraussetzungen und Modalitäten von Teilfreistellungen kann in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung getroffen werden.

Die Benennung der freizustellenden Mitglieder des Betriebsrats erfolgt gemäß § 38 Abs. 2 BetrVG nach in einer Betriebsratssitzung durchzuführender Beratung des gesamten Betriebsrats mit dem Arbeitgeber in einer ordnungsgemäßen Sitzung des Betriebsrats in geheimer Wahl, und zwar je entsprechend den gesetzlich geregelten Voraussetzungen nach den Grundsätzen der Verhältnis- oder der Mehrheitswahl. Dabei können auch für den Fall der Verhinderung oder des aus der Freistellung Ausscheidens eines Betriebsratsmitglieds ersatzweise freizustellende Betriebsratsmitglieder gewählt werden. Bei der Auswahl der Freizustellenden hat der Betriebsrat auf betriebliche Belange Rücksicht zu nehmen.

Die Namen seiner aufgrund dieser Wahl freizustellenden Mitglieder muss der Betriebsrat anschließend dem Arbeitgeber mitteilen, der, wenn er eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar hält, die => Einigungsstelle anrufen kann, die gegebenenfalls die Wahlentscheidung aufheben und ein anderes freizustellendes Betriebsratsmitglied benennen kann. Der Arbeitgeber muss nach der Wahl sein Einverständnis mit den Freistellungen erklären und sie damit wirksam machen. Vor dem Vorliegen dieser Einverständniserklärung dürfen die Gewählten der Arbeit lediglich nach den Regeln der Befreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG fernbleiben.

Für Betriebe mit weniger als 200 Beschäftigten wird die Möglichkeit der Vereinbarung einer pauschalierten Freistellung, und zwar sowohl völliger als auch teilweiser Freistellung, angenommen.

Die freigestellten Betriebsratsmitglieder sind zur Erreichbarkeit am Sitz des Betriebsrats im Betrieb während der vertraglichen => Arbeitszeit verpflichtet und müssen sich für die erforderliche Betriebsratsarbeit zur Verfügung stellen. Die Inanspruchnahme einer Gleitzeitregelung ist dabei zulässig. Innerhalb der so geregelten Arbeitszeit kann das freigestellte Betriebsratsmitglied seine Tätigkeit so einteilen, wie er es für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben am besten geeignet hält. Ein Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht in dieser Hinsicht nicht. Lediglich der Betriebsrat kann dem Freigestellten bestimmte Aufgabengebiete oder konkrete Angelegenheiten zuweisen. Dieser ist jedoch gehalten, allein betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben nachzugehen.

Das freigestellte Betriebsratsmitglied behält seinen Vergütungsanspruch nach dem Lohnausfallprinzip und darf gegenüber den Ansprüchen vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung nicht benachteiligt werden. Auch sonstige Leistungen aus der Zeit vor der Freistellung bleiben ihm deshalb erhalten. Wenn vergleichbare Arbeitnehmer Mehrarbeit leisten, hat auch der Freigestellte Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge, obwohl Mehrarbeit bei ihm nicht anfällt.

§ 38 Abs. 4 BetrVG regelt die Wiedereingliederung des freigestellten Betriebsratsmitglieds in sein Berufsleben. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen der Berufsbildung. Dem Freigestellten ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten Gelegenheit zu geben, eine bedingt durch die Freistellung unterbliebene betriebsübliche Entwicklung nachzuholen.