BR-LexikonI

Insolvenz des Arbeitgebers

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Insolvenz des Arbeitgebers

Ist ein Schuldner zahlungsunfähig oder überschuldet, können er oder der Gläubiger den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Dies hat Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Situation im Unternehmen. Vor allem rückt ein vorläufiger Insolvenzverwalter, sofern dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auferlegt wird, in die Funktion des => Arbeitgebers ein. Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, geht die Befugnis zu Verwaltung und Verfügung nach § 80 InsO auf jeden Fall auf den Insolvenzverwalter über, der somit auch in die Arbeitgeberposition einrückt. Die => Arbeitsverhältnisse bestehen nach § 108 InsO weiter. Der Insolvenzverwalter hat jedoch ein Sonderkündigungsrecht nach § 113 InsO.

Betroffen sind Arbeitnehmer auch dadurch, dass sie, wenn sie Lohn- und Gehaltsforderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung haben, diese nach § 87 InsO nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens verfolgen können und gemäß § 174 InsO beim Insolvenzverwalter anmelden müssen. Für Vergütungsleistungen nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor dessen Eröffnung, die eigentlich nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden könnten, kann ein Anfechtungs- und Rückzahlungsrecht des Insolvenzverwalters bestehen. Erfüllt eine Entgeltforderung die Voraussetzungen des § 55 InsO, ist sie als Masseverbindlichkeit zu behandeln. Dies ist der Fall, wenn die Entgeltforderung auf der Beschäftigung des => Arbeitnehmers durch den Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruht. Hat der vorläufige Insolvenzverwalter, auf den die Verfügungsbefugnis übergegangen war, vor Eröffnung des Verfahrens aus einem Arbeitsverhältnis Ansprüche begründet, sind diese nach Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten anzusehen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter die Gegenleistung für das von ihm verwaltete Vermögen in Anspruch genommen hat. Masseverbindlichkeiten sind nach § 53 InsO vorweg zu berichtigen. Sie müssen beim Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, der sie dann vor der Befriedigung aller Insolvenzgläubiger unabhängig von einem Verteilungsverfahren zu befriedigen hat.

Gemäß § 113 InsO kann der Insolvenzverwalter Arbeitsverhältnisse mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Auch diese Sonderkündigung bedarf allerdings der sozialen Rechtfertigung. Auch ist sie dort ausgeschlossen, wo die ordentliche => Kündigung gesetzlich ausgeschlossen ist. Ist für das Arbeitsverhältnis eine kürzere Kündigungsfrist geregelt als drei Monate, greift diese kürzere Kündigungsfrist. Kündigt der Insolvenzverwalter Arbeitsverhältnisse, muss er zuvor den Betriebsrat nach § 102 BetrVG anhören und im Fall der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die Zustimmung des Integrationsamts nach § 85 SGB IX einholen. Ist Kündigungsgrund eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG, wofür im Insolvenzfall §§ 121 ff. InsO Sonderregeln enthalten, sind vor der Kündigung Verhandlungen mit dem => Betriebsrat über einen => Interessenausgleich zu führen. Wird ein Interessenausgleich mit Namensliste vereinbart, greift die Vermutungswirkung des § 125 InsO, der auch die Überprüfung der sozialen Auswahl inhaltlich und auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt.

§ 167 SGB III regelt für im Inland beschäftigte Arbeitnehmer, die bei einem Insolvenzereignis für die drei vorausgegangenen Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben, einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Insolvenzereignis kann neben der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch die Abweisung des Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse sein wie auch die vollständige Einstellung der betrieblichen Tätigkeit im Inland, wenn zwar ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt wurde, ein Insolvenzverfahren jedoch offensichtlich mangels Masse ausgeschlossen ist. Das Insolvenzgeld soll das im entsprechenden Zeitraum erarbeitete Netto-Arbeitsentgelt sichern.