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Treuepflichten des Arbeitnehmers

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Treuepflichten des Arbeitnehmers

Der Begriff der Treuepflichten des => Arbeitnehmers hat sich in der jüngeren Diskussion dahin gewandelt, dass die früher als Treuepflichten bezeichneten Pflichten heute unter dem Begriff der Nebenpflichten zusammengefasst werden. § 241 BGB formuliert dazu, dass das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten kann. Diese Formulierung betont die in jedem Schuldverhältnis aus dem Grundsatz der Leistung nach Treu und Glauben des § 242 BGB abzuleitende Pflicht zur Rücksichtnahme sowie zum Schutz und zur Förderung des Vertragszwecks. Diese generelle Verpflichtung konkretisiert sich dann in einzelnen Nebenpflichten, die sich, wie die Vorschrift besagt, aus dem jeweiligen Schuldverhältnis ergeben.

Für das => Arbeitsverhältnis bedeutet dies, dass die Hauptpflicht des Arbeitnehmers, seine vertraglich zugesicherte Arbeitsleistung zu erbringen, von einer Reihe von Nebenpflichten, die je nach Arbeitsverhältnis unterschiedlich ausgestaltet sind, flankiert wird. Neben der Erfüllung dieser Hauptpflicht hat der Arbeitnehmer also seine eigenen Rechte so auszulegen und die Interessen des => Arbeitgebers, die mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, so zu berücksichtigen, wie dies unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen seiner selbst und der anderen Arbeitnehmer sowie seiner eigenen Stellung im Betrieb nach Treu und Glauben und Billigkeit von ihm erwartet werden kann. Dies setzt jedoch nicht voraus, dass er seine Interessen total außer Kraft setzt. Vielmehr ist er grundsätzlich nicht gehindert, diese auf dem gesetzlich zulässigen Weg zu verfolgen, auch wenn dies von den Interessen des Arbeitgebers abweicht.

Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis sind unter anderem Verhaltenspflichten, die ein grundsätzlich loyales Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber verlangen, woraus sich allerdings keine allgemeine Gehorsamspflicht ergibt. Beispielsweise ist der Arbeitnehmer bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Arbeitgebers nicht zum Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte verpflichtet oder zu unbezahlter längerer Arbeit. Im Grundsatz frei ist der Arbeitnehmer bei der Gestaltung seines Privatlebens. Allerdings darf das außerdienstliche Verhalten die berechtigten Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigen, beispielsweise durch Begehung einer Straftat unter Nutzung betrieblicher Einrichtungen, die den Arbeitgeber mit der Tat in Verbindung bringt und möglicherweise staatlichen Ermittlungen aussetzt.

Informationspflichten verpflichten den Arbeitnehmer, beispielsweise eine arbeitsunfähige Erkrankung im Fall der Vorhersehbarkeit rechtzeitig anzuzeigen oder ansonsten unverzüglich zu melden. Auch muss er den Arbeitgeber auf drohende oder voraussehbare sowie auf eingetretene Schäden aufmerksam machen.

Besondere Nebenpflichten gelten in => Tendenzbetrieben dahingehend, dass sich der Arbeitnehmer nicht in Gegensatz zur Tendenz des Unternehmens bringen darf. Diese Nebenpflicht bindet auch außerdienstliche Meinungsäußerungen.

Im Einzelnen sind beispielsweise folgende Nebenpflichten ausformuliert:

Der Arbeitnehmer darf zwar vorbereitende Maßnahmen für eine künftige Selbstständigkeit treffen und über diese Zukunftsabsicht sowie auch einen eventuellen Stellenwechsel seine Arbeitskollegen informieren. Er darf jedoch nicht andere Mitarbeiter zu bewegen versuchen, in seinem künftigen Unternehmen oder bei seinem neuen Arbeitgeber eine neue Tätigkeit aufzunehmen. Auch das Abwerben von Kunden ist eine Pflichtverletzung, ebenso wie Vermittlungstätigkeiten an die Konkurrenz.

Erkennt der Arbeitnehmer Missstände im Betrieb, verletzt er eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, wenn er Strafanzeige erstattet, ohne zuvor auf eine innerbetriebliche Klärung hingewirkt zu haben. Aus der Pflicht zu Loyalität und Vertraulichkeit ergibt sich, dass er zunächst den Vorgesetzten oder eine andere innerbetriebliche Stelle über Missstände im Betrieb informieren muss. Gleiches gilt auch bei Vorfällen, bei denen es um die Einleitung anderer behördlicher Verfahren ginge. Auch die Kontaktaufnahme mit der Presse ist unzulässig, wenn die Möglichkeiten zur Abstellung angeblicher Missstände innerhalb des Betriebs nicht zuvor ausgeschöpft wurden.

Auch ansonsten ist der Arbeitnehmer zu Stillschweigen über Verhaltensweisen des Arbeitgebers verpflichtet, wenn diesem durch die Offenlegung ein Schaden entstehen könnte. Dies gilt auch, wenn ruf- oder kreditschädigende Äußerungen erweislich wahr sind, der Arbeitnehmer an der Information Dritter jedoch kein berechtigtes Interesse hat.

Das Recht des Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung findet im Betrieb darin seine Grenzen, dass eine Störung des Betriebsfriedens zu vermeiden ist. Auch parteipolitische oder sonstige Werbung ist im Betrieb regelmäßig nicht zulässig. Dies gilt auch für Plaketten an der Kleidung.

Dem Arbeitnehmer ist die Ausübung von Nebentätigkeiten untersagt, wenn er dadurch in Konkurrenz zum Arbeitgeber tritt oder durch deren Umfang die ordnungsgemäße Erbringung seiner Arbeitsleistung beeinträchtigt. Ohnehin kann die Information des Arbeitgebers über Nebentätigkeiten tarif- oder arbeitsvertraglich geregelt sein, was auch eine Genehmigungspflicht beinhalten kann.

Sind dem Arbeitnehmer Materialien, Maschinen und Gerätschaften anvertraut, treffen ihn diesbezüglich Pflichten zur Obhut und Bewahrung. Störungen sind entweder zu beheben oder dem Arbeitgeber zu melden.

Werden dem Arbeitnehmer Schmiergelder angeboten, hat der dieses in jedem Fall grundsätzlich zurückzuweisen. Auch hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, von derartigen Versuchen zu erfahren.

Generell ist der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Möglichkeit und der Zumutbarkeit verpflichtet, Schäden vom => Betrieb und somit auch vom Arbeitgeber sowie auch von anderen Arbeitnehmern abzuwenden.

Aus dem => Arbeitsvertrag können sich als vertragliche Nebenpflichten => Verschwiegenheitspflichten des Arbeitnehmers (Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers) ergeben. Generell besteht die Pflicht zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen.