Geheimhaltungspflichten
§ 79 Abs. 1 BetrVG regelt für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des => Betriebsrats für Geschäftsgeheimnisse, die ihnen aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit bekannt geworden sind, besondere Verschwiegenheitspflichten. Diese Pflichten gelten nach § 79 Abs. 2 BetrVG sinngemäß auch für die Mitglieder der => Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Gesamt- sowie des Konzernbetriebsrats, der Gesamt- und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des => Wirtschaftsausschusses und der => Einigungsstelle. § 80 Abs. 4 BetrVG bezieht auch Auskunftspersonen und Sachverständige in die Geheimhaltungspflicht ein. Weitere Verschwiegenheitspflichten regeln § 107 Abs. 3 Satz 4 BetrVG für weitere Arbeitnehmer, die der Betriebsrat in den Wirtschaftsausschuss beruft, § 108 Abs. 2 Satz 3 BetrVG für vom Wirtschaftsausschuss hinzugezogene Sachverständige und § 109 Satz 3 BetrVG für von der Einigungsstelle hinzugezogene Sachverständige. Für die Schwerbehindertenvertretung ist die Verschwiegenheitspflicht in § 96 Abs. 7 SGB IX geregelt. Die Schweigepflicht gilt über das Ausscheiden aus dem Betriebsratsamt und auch aus dem => Arbeitsverhältnis hinaus weiter.
Die Geheimhaltungspflicht führt das Interesse des => Arbeitgebers an der Geheimhaltung wettbewerbsrelevanter Informationen und das Interesse der Arbeitnehmervertretung an den für eine effektive und sachgerechte Wahrnehmung ihrer Mitwirkungsrechte erforderlichen Kenntnissen über Vorgänge in Betrieb und Unternehmen zusammen und löst den so bestehenden Interessenkonflikt.
Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind alle Tatsachen, Erkenntnisse und Unterlagen im Zusammenhang mit technischen und wirtschaftlichen Fragen des => Betriebs und des => Unternehmens zu verstehen, von denen nur ein abgegrenzter Personenkreis Kenntnis hat. Die Geheimhaltungspflicht setzt voraus, dass der Arbeitgeber die betreffende Angelegenheit durch ausdrückliche Erklärung als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet hat. Dieser Erklärung muss jedoch ein objektives Geheimhaltungsinteresse zugrunde liegen. Die so erlangten Informationen unterliegen dem Verbot der Offenbarung, also der Weitergabe gegenüber unbefugten Dritten, und der Verwertung zum eigenen Vorteil.
Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht sieht § 79 BetrVG allein für die interne Kommunikation innerhalb der Betriebsverfassungsorgane vor. Hier greifen präzise Einzelfallregelungen. Auf jeden Fall ist bei Weitergabe einer geheimhaltungsbedürftigen Information im Rahmen der Ausnahmeregelung der Empfänger auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit hinzuweisen.
Weitere Verschwiegenheitspflichten der Mitglieder des Betriebsrats bezüglich Informationen über die einzelnen Arbeitnehmer regeln die §§ 82 Abs. 2, 83 Abs. 1, 99 Abs. 1 Satz 3 und 102 Abs. 2 Satz 5 BetrVG. Eine allgemeine Geheimhaltungspflicht für vertrauliche Informationen, die einzelne Arbeitnehmer betreffen und von denen ein Mitglied des Betriebsrats im Rahmen seiner Tätigkeit Kenntnis erlangt hat, ergibt sich zudem aus dem Persönlichkeitsschutz aufgrund des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
Eine Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder der Betriebsverfassungsorgane über Vorgänge innerhalb der jeweiligen Arbeitnehmervertretung ist nicht gesondert geregelt. Unzulässigkeit der Weitergabe von Informationen über interne Vorgänge ist jedoch immer dann gegeben, wenn durch eine solche Informationsweitergabe die Funktionsfähigkeit des jeweiligen Organs beeinträchtigt wird.
Verstöße gegen Verschwiegenheitspflichten unterliegen nach § 120 BetrVG der Strafbarkeit. Auch kann der Arbeitgeber den Ausschluss aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG beantragen. Bei gleichzeitiger Verletzung des Arbeitsvertrags droht außerdem die außerordentliche Kündigung, und auch Schadensersatzansprüche sind möglich.
Eine Verschwiegenheitspflicht für alle Arbeitnehmer ergibt sich aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht. Diese erfasst alle Geheimnisse sowie alle betrieblichen und persönlichen Angelegenheiten, die vertraulich und schützenswert sind. Die so begründete Verschwiegenheitspflicht gilt gegenüber jedermann, auch wenn kein ausdrücklicher Hinweis des Arbeitgebers vorliegt.