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Massenentlassungen

By 03.08.2020Januar 13th, 2021Keine Kommentare

Massenentlassungen

Unter dem Titel „Anzeigepflichtige Entlassungen“ regeln §§ 17 ff. KSchG besondere Voraussetzungen und Abläufe von Massenentlassungen. In diesen Vorschriften geht es allerdings nicht um den Schutz des einzelnen betroffenen => Arbeitnehmers, sondern um arbeitsmarktpolitische Ziele. Bevor der => Arbeitgeber Entlassungen in den in § 17 Abs. 1 KSchG angeführten Größenordnungen und diese innerhalb von 30 Tagen vornehmen darf, muss er dieses Vorhaben der Agentur für Arbeit anzeigen. Den Inhalt der Anzeige regelt § 17 Abs. 3 KSchG. § 17 Abs. 1 KSchG gilt auch für den Insolvenzverwalter. Die Agentur für Arbeit soll dadurch die Möglichkeit bekommen, sich auf eine Massenarbeitslosigkeit einzustellen und Vorsorge für eine Vermittlung der betroffenen Arbeitnehmer zu treffen.

Unter Entlassung ist die Erklärung der => Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG stehen anderen Formen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und hier namentlich der Aufhebungsvertrag der Entlassung gleich, wenn sie vom Arbeitgeber veranlasst werden. Dies kann auch für die Kündigung seitens des Arbeitnehmers der Fall sein.

§§ 17 ff. KSchG greifen für alle => Betriebe, die in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, wobei es bei der Zahl der Arbeitnehmer nicht darauf ankommt, ob diese in Teilzeit oder in Vollzeit beschäftigt sind. Keine Anwendung finden die Vorschriften der §§ 17 ff. KSchG nach § 22 Abs. 1 KSchG auf Saison- und Kampagne-Betriebe, sofern die Entlassungen auf der Eigenart des Betriebs beruhen. Bei Entlassungen während der Saison oder der Kampagne sind allerdings auch diese Betriebe an §§ 17 ff. KSchG gebunden. Im Gegensatz zu § 17 Abs. 5 KSchG lässt die Richtlinie 98/59/EG beim Massenentlassungsschutz keine Ausnahme für => leitende Angestellte zu. Keine Geltung hat § 17 KSchG jedoch für Handelsvertreter, Heimarbeiter und => arbeitnehmerähnliche Personen.

Neben der Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit regelt § 17 Abs. 2 KSchG eine besondere Unterrichtungs- und Beratungspflicht gegenüber dem => Betriebsrat, die ebenfalls ein verpflichtendes Formerfordernis im Fall einer Massenentlassung ist. Die Unterlassung der Information des Betriebsrats hat die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige zur Folge. Zu informieren, und zwar schriftlich, ist der Betriebsrat insbesondere über die Gründe für die geplanten Entlassungen, Zahl und Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten und der zu entlassenden Arbeitnehmer, den für die Entlassungen geplanten Zeitraum sowie die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer und für die Berechnung etwaiger Abfindungen. Eine Abschrift dieser Mitteilung muss der Arbeitgeber nach § 17 Abs. 3 KSchG gleichzeitig der Agentur für Arbeit zukommen lassen. Der Startpunkt für Unterrichtung und folgende Beratung muss in einem frühen Stadium liegen, nämlich vor der unternehmerischen Entscheidung, die den Arbeitgeber zur Planung von Massenentlassungen zwingt

Über Möglichkeiten der Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen sowie eine Abmilderung der Folgen haben Arbeitgeber und Betriebsrat zu beraten. Der Anzeige an die Agentur für Arbeit hat der Arbeitgeber dann die Stellungnahme des Betriebsrats beizufügen. Dem Betriebsrat ist wiederum eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann dann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben, von denen jeweils eine Abschrift dem Arbeitgeber zuzuleiten ist. Die Anhörungsrechte des Betriebsrats nach § 102 BetrVG bleiben von § 17 KSchG unberührt. Bei Umgruppierung oder Versetzung im Zuge einer Massenänderungskündigung greift das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 BetrVG für => personelle Einzelmaßnahmen.

Die §§ 18 ff. KSchG regeln Möglichkeiten der Agentur für Arbeit, den Vollzug der Massenentlassungen im Anschluss an die Anzeige zu beeinflussen.