Betriebsänderung
§ 111 BetrVG regelt eine => Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers und ein => Beratungsrecht des => Betriebsrats bei Betriebsänderungen, „die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können“. Den Begriff der Betriebsänderung erläutert eine Aufzählung in § 111 Satz 3 BetrVG, die aber nicht als abschließend angesehen wird. Danach sind Betriebsänderungen beispielsweise
- die Einschränkung und Stilllegung des ganzen => Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
- die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
- der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
- grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen oder
- die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
Die Begriffe sind von der Rechtsprechung ausgefüllt, so dass im Einzelfall das Vorliegen einer => Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG genau geprüft werden muss.
Die Unterrichtung des Betriebsrats durch den => Unternehmer muss zum einen rechtzeitig sein, was an der Möglichkeit des Betriebsrats, auf das Ob und Wie der vom => Arbeitgeber geplanten Maßnahme noch Einfluss zu nehmen, zu messen ist. Hat sich die Unternehmensleitung auf eine konkrete Maßnahme in Einzelheiten bereits festgelegt und dies auch mit Zustimmung von Gremien wie Aufsichtsrat oder Gesellschafterversammlung, ist Rechtzeitigkeit nicht mehr gegeben, ebenso wie im Fall, dass bereits vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Die Unterrichtung entspricht dann der Voraussetzung, umfassend zu sein, wenn der Betriebsrat aufgrund der vorgelegten Informationen von der vorgesehenen Maßnahme und ihren Auswirkungen ein vollständiges Bild gewinnen kann und die wirtschaftlichen und sozialen Gründe für die Planung enthalten sind. Dazu zählen auch Informationen, die der Betriebsrat zur Entwicklung seiner Vorstellungen hinsichtlich eines eventuellen => Sozialplans benötigt. Die Unterrichtung beinhaltet gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG auch die Zurverfügungstellung von Unterlagen.
Hinsichtlich der geplanten Maßnahme verbleibt die unternehmerische Entscheidung beim Unternehmer. Dessen Pflicht zur Beratung mit dem Betriebsrat zielt auf den Versuch eines => Interessenausgleichs und den Abschluss eines Sozialplans ab. § 111 Satz 2 BetrVG regelt die Rechte des Betriebsrats zur Hinzuziehung eines Beraters oder eines Sachverständigen.
Beschränkt sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats auf => Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten => Arbeitnehmern. Voraussetzung eines Beteiligungsrechts ist das Bestehen eines Betriebsrats.
Der Interessenausgleich soll durch Vereinbarungen über das Ob, Wann und Wie der vorgesehenen Betriebsänderung die Entstehung wirtschaftlicher Nachteile möglichst verhindern. Darüber zu verhandeln ist bei jeder Betriebsänderung verpflichtend. § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG schreibt vor, dass der Interessenausgleich, sofern er zustande kommt, schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und vom Betriebsrat zu unterschreiben ist.
In einem Sozialplan geht es gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG um den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch die geplante Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan ist eine Betriebsvereinbarung. Auch die Pflicht zu einem Sozialplan besteht bei jeder Betriebsänderung. Die Erzwingbarkeit wird allerdings in § 112a BetrVG unter den dort genannten Voraussetzungen eingeschränkt.
§ 113 BetrVG regelt die Rechte der Arbeitnehmer für den Fall, dass der Unternehmer ohne zwingenden Grund von einem Interessenausgleich abweicht oder auch eine geplante Betriebsänderung ohne den Versuch eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat durchführt. Ein Verschulden des Arbeitgebers ist für die Anwendung der Vorschrift nicht erforderlich.
Nach § 113 Abs. 1 BetrVG können Arbeitnehmer, die infolge der ohne zwingenden Grund erfolgten Abweichung von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung entlassen werden, vor dem Arbeitsgericht Klage auf Zahlung von Abfindungen erheben. Dies gilt auch im Fall vom Arbeitgeber veranlasster Aufhebungsverträge oder Eigenkündigungen der Arbeitnehmer. Wegen der Höhe dieser Abfindungen verweist § 113 Abs. 1 BetrVG auf § 10 KSchG.
§ 113 Abs. 2 BetrVG regelt den Ausgleich sonstiger wirtschaftlicher Nachteile, die Arbeitnehmer, die nicht aufgrund einer Betriebsänderung entlassen werden, infolge einer Abweichung von einem Interessenausgleich nach § 113 Abs. 1 BetrVG erleiden. Dabei geht es um vermögenswerte Nachteile, deren Ausgleich in Geld möglich ist, wie beispielsweise Fahrtkostenersatz im Fall einer Betriebsverlegung.
Gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG haben Arbeitnehmer, die infolge der Betriebsänderung entlassen werden oder sonstige wirtschaftliche Nachteile erleiden, entsprechend § 113 Abs. 1 und 2 BetrVG einen Anspruch auf Nachteilsausgleich, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung ohne vorherigen Versuch eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat durchführt.